Gewöhnlich ist am modernen Künstler André Ismer nicht viel. Der zeitgenössisch
und modern agierende Künstler verbindet in seiner Kunst Struktur, Grafik
und Malerei virtuos zu spektakulären Werken, die durch ihre markanten
Verfremdungseffekte faszinierende Perspektiven auf die Realität offenbaren.
Trotz seiner versierten Schaffenskunst kommt der 1976 geborene Dresdner nicht
aus einem geradlinig akademisch-künstlerischen Umfeld, sondern eignete sich sein
Wissen und seinen unverwechselbaren Stil Stück für Stück auf Umwegen an.
Nach seinem 1993 erworbenen Realschulabschluss zog es ihn zunächst in den
Einzelhandel. In Dresden absolvierte er eine Ausbildung zum
Einzelhandelskaufmann. In diesem Feld war er bis zum Jahr 2013 tätig. Aber auch,
wenn er seiner regulären Arbeit nachging – die Kunst blieb seine größte
Passion und eine Herzensangelegenheit.
Ab 1998 absolvierte er daher verschiedene Zeichenkurse an der Volkshochschule
Dresden, 2000 folgte ein Abendstudium an der Hochschule für bildende Künste in
der sächsischen Hauptstadt. Allerdings sollte es noch 13 weitere Jahre dauern,
bis André Ismer aus seiner Passion seinen Beruf machen konnte. 2013 war er dann
endlich der Künstler, der er schon immer sein wollte: hauptberuflich und
auf dem Weg zu sich selbst.
Bereits seit 2006 stellt André Ismer seine modernen Kunstbilder in Dresden und
der Umgebung aus. Seitdem macht er immer wieder mit seinen illustren, kreativen
und strukturierten Werken von sich reden. Darin wechseln sich grafische
Elemente mit malerischen Aspekten im klassischen Sinne ab
– Strukturen werden aufgebaut, nur um danach wieder aufgebrochen zu
werden.
André Ismer vollführt so eine interessante Gratwanderung: Indem er die
Erwartungshaltungen, die der Rezipient bei der Betrachtung seiner Kunstwerke
unbewusst aufbaut, durchbricht, erschafft er eine neue Sicht auf Bild
und Sujet gleichermaßen. In dieser Linie visualisiert er in seinen
modernen Kunstbildern nicht zuletzt den Zeitgeist der postmodernen Gesellschaft.
Bestimmt werden seine Kunstwerke dabei permanent von einer strukturierten
Ästhetik vertikaler Linien. Durch sie verleiht der Künstler seinen Bildern
scharfe visuelle Brüche, die das Sujet – gern Portraits,
Stadtimpressionen oder Naturdarstellungen – verfremden. Dadurch
gewähren sie dem Betrachter neue Interpretationszugänge und -ansätze. Seine
Kunst bezeichnet er in dieser Manier selbst mit dem abstrakt zu verstehenden
Begriff „Vertikalstrukturen“.
Vielleicht liegt es am 1989 erfolgten Verlust seines rechten Auges, dass André
Ismer die Welt ein wenig anders wahrnimmt als andere. Vielleicht verleiht ihm
genau das seine einzigartige Weltanschauung und seinen modernen Kunstbildern die
Prise Individualismus und Virtuosität, die ihnen inhärent zu
sein scheint. Vielleicht ist es aber auch einfach sein schöpferischer
Künstlergeist, der zum Beispiel nächtliche Szenen im beleuchteten Dresden so
gekonnt und abstrakt auf die Leinwand bringt.
Ähnlich einer Collagenarbeit, fügt Ismer seinen Bildern mehrere Ebenen hinzu.
Anfangs steht ein häufig mit Acrylfarben gemaltes Bild auf Leinwand. Auf dieses
bringt er senkrechte Klebestreifen an, die er anschließend übermalt und bei
Bedarf wieder abzieht. So entsteht Ebene um Ebene eine spannende
Kombination aus realistischer Malerei und verfremdenden Elementen, die
bekannte (Genre-)Konventionen aufbricht und den Rezipienten dazu zwingt,
herkömmliche Interpretationsmechanismen zu überdenken.
Die vom Künstler gewählten Sujets variieren in den einzelnen Kunstwerken
permanent: moderne und realistische Portraits wechseln sich mit fast postmodern
impressionistisch wirkenden Landschaftsmotiven und neoexpressionistischen
Stadtszenen ab. Gleich bleibt dabei allerdings immer eines: die Revolution des
Bekannten, die Neuformatierung des Realen, die Auflösung von
Klischees.
André Ismer findet diese abstrakte Realität nicht zuletzt in seiner nächsten
Umgebung. Seine Heimat Dresden offeriert ihm seit Beginn seiner künstlerischen
Laufbahn genau die Inspiration, die er benötigt. An den Ufern der Elbe spaziert
er häufig durch die nächtliche Stadt, lässt sich vom Glanz der Lichter
und dem Schein der kalten Steinfassaden der urbanen Szenerie zu neuen
Ideen verleiten. Die Schönheit und der Schrecken des Hier und Jetzt, das Licht
und der Schatten der Zivilisation finden bei ihm gleichermaßen Beachtung – und
entsprechend auch in seine Kunstwerke. Was der Betrachter dann letzten Endes
sieht, bleibt ganz ihm selbst überlassen.